Am 1. November 2025 stand in der Alten Feuerwache Mannheim die Improvisation im Zentrum: Beim Symposium „Improvisation im Fokus“ diskutierten Teilnehmende aus ganz Deutschland und Österreich über vielfältige Aspekte des Improvisierens. Die Veranstaltung war Teil des Projekts „Was bedeutet Improvisieren? – Reflexion und Positionsbestimmung zum Phänomen, der Bedeutung und der Übertragbarkeit des (musikalischen) Improvisierens“ von Prof. Dr. Stefan Münzer aus dem Handlungsfeld Kooperation.
Symposium: Denken und Diskutieren über das Unvorhergesehene
Ab 12:30 Uhr gab es eine kurze Einführung und Impulse aus Perspektiven der Musikpsychologie (Andreas Lehmann), des Musikjournalismus (Fanny Opitz), der Studierenden (Anna Zimmermann), der Improvisationspädagogik (Karen Schlimp) und der Performance Art (Anna Stern). In thematischen Arbeitsgruppen wurde diskutiert, wie viel Unvorhergesehenes tatsächlich in der Improvisation steckt, wie man sie erlernen kann, was ihre besondere Erlebnisqualität ausmacht und wann eine Improvisation als gelungen gelten kann.
In der angeregten gemeinsamen Schlussrunde wurden unterschiedliche Positionen deutlich. Man war sich schnell einig, dass die musikalischen Mittel der Improvisation erlernt werden können (ein Stil ist wie eine Sprache – es gibt Vokabeln, Grammatik, Redewendungen…). Jedoch bedürfe es auch einer besonderen Haltung, um die eigene musikalische Stimme und den Willen zur Gestaltung bei gleichzeitiger Interaktivität mit anderen Musiker*innen zu entwickeln. Eher unklar blieb, wie diese Haltung in einer pädagogischen Lehr-Lernsituation gefördert werden kann. Überraschend wurde das „Unvorhergesehene“ nicht nur der Improvisation, sondern auch der Aufführung notierter, „klassischer“ Musik zugestanden. Dies setze sehr hohe Expertise voraus, um spontan gestalten, reagieren und interpretieren zu können. Auch wurde die Vorstellung zurückgewiesen, dass in einer gelungenen Improvisation eine gewisse Komplexität und Virtuosität zu finden sein müsse. Wichtig sei die Kommunikation der Musiker*innen untereinander und die spürbare Reaktion des Publikums.
Konzert: Klangliche Freiheit und kollektive Abstimmung
Ab 20:00 Uhr folgte das Konzert in der Halle der Alten Feuerwache, in dem das zuvor Diskutierte hör- und erlebbar wurde. Die Musiker*innen bildeten einen Kreis in der Mitte der Halle, das Publikum saß nahe darum herum, und die Musik wurde soweit wie möglich ohne Verstärkung gespielt. Das Programm reichte von einer Eingangsimprovisation mit wachsender Zahl an Musiker*innen über stilistische Improvisationen mit Mitteln des Barock (Arno Krokenberger, Zoe Pouri, Isolde Winter), im Jazz-Kontext (Claudius Valk, Matthias Nowak, Klaus Wallmeier) und freier Improvisation (Anna Stern, Karen Schlimp, Flo Huth). Zufallsensembles und die gemeinsame Improvisation aller neun Musiker*innen verdeutlichten die „Mehrsprachigkeit“, das aufmerksame Hören und das gemeinsame Gestalten aus dem Moment heraus, das die Improvisation ausmacht. Das Publikum erlebte den Abend in gespannter Aufmerksamkeit. Den Abschluss bildete Pauline Oliveros’ „Sonic Meditation – Teach Yourself to Fly“, die den Saal in eine besondere Atmosphäre kollektiver Aufmerksamkeit und Ruhe tauchte.
Der Tag bot inspirierende Impulse, intensive Gespräche und ein außergewöhnliches musikalisches Erlebnis, sowohl für die Beteiligten wie auch für das Publikum. In einem nächsten Schritt soll nun untersucht werden, wie die gewonnenen Erkenntnisse zur Improvisation auf Transformations- und Innovationsprozesse in anderen Bereichen übertragen werden können.
Das Projekt entstand im Rahmen eines Elfriede-Höhn-Fellowships des Programms „Wissen bewegen“ des Zentrums für Lehrerbildung und Bildungsinnovation (ZLBI) der Universität Mannheim und wurde in Kooperation mit TransforMA und der Alten Feuerwache Mannheim umgesetzt.
Ansprechpersonen:
Stephan Münzer
Corinna Braun
Bildcredit: Corinna Braun, Julia Derkau, Jannis Rauch